Es war im Onlinemeeting mit den Teilnehmerinnen der diesjährigen Raise Your Voice Konferenz. Weil das reale Treffen erst im November stattfinden kann, haben wir kurzerhand eine Zoomkonferenz mit den bereits angemeldeten Frauen einberufen. Ich sitze zu Hause vor meinem Bildschirm und freu mich über die Gesichter der Frauen.

Wir sind von der Sitzungsadministratorin alle mit Hilfe der ‘mute’-Funktion stummgeschaltet worden, damit keine Stimm- und Geräuschkakophonie ausbricht. Raise Your Voice – aber alle müssen schweigen. Da schiesst mir ein Gedanke durch den Kopf. “Genau das wollen wir bewirken mit diesem Kurs: Frauen sollen ‘ent-mutet’ werden.” Zu oft sitzen sie nämlich schweigend in irgendwelchen Versammlungen, hören zwar zu, finden aber ihre Stimme nicht, um sich einzubringen.  Es muss gar nicht ein Rednerpult sein, die Stimme versagt den Frauen auch in Sitzungen, in Gruppengesprächen, manchmal sogar am Znünitisch mit den Arbeitskollegen.

Natürlich gibt es nach wie vor Situationen, in denen die frauliche Stimme von aussen mutwillig überhört, ausgeblendet oder zum Verstummen gebracht wird. 

Wer Zoom-Meetings kennt, weiss aber um die Funktion auf dem eigenen PC, mit der sich  jede Person selbst freischalten kann. Frauen sind zurückhaltend, diese Taste zu bedienen. Im Gruppenaustausch von Raise Your Voice kamen denn auch diese Hürden bereits zur Sprache: schwacher Selbstwert, Angst, nicht zu genügen, keinen Widerstand provozieren wollen oder sich nicht exponieren wollen. Bei Predigerinnen kommt auch der Zweifel, ob das öffentlich Reden  tatsächlich biblisch legitim ist, an die Oberfläche.

Um den Mut zu finden, diesen Knopf auf der eigenen Seite freizuschalten, gibt es unterschiedliche Wege. Eine starke Unterstützung sind andere Frauen, die mich ehrlich ermutigen. Sie streichen hervor, wo ich stark bin. Sie trösten bei einem Rückschlag. Sie sind nicht neidisch bei einem Erfolgserlebnis. Sie sind für mich, wenn ich mich vorwage. Sie fallen mir nicht in den Rücken. Sie halten mich nicht klein. Sie eröffnen mir Möglichkeiten, die ich ohne sie nicht hätte. Sie sind ehrlich, wenn ich danebenhaue. Weil das so freisetzend ist, übe ich mich darin, auch selber für andere so eine Frau sein. 

Sabine Fürbringer