Zurzeit radle ich auf meinem Arbeitsweg an einem Verkehrsschild vorbei, das mich mal amüsiert, mal mit warmem Herzen zurücklässt. Es steht nur temporär da und mahnt AutofahrerInnen, auf möglicherweise vorkommende Frösche, die die Fahrbahn queren, Rücksicht zu nehmen. Es ist Paarungszeit und um das Liebesleben der Frösche nicht zu gefährden, werden zuweilen auch mal ganze Straßenabschnitte für den Verkehr gesperrt. Was leben wir doch in einer friedlichen Nation, die sogar die Kapazität hat, sich um das Wohl dieser Kaltblüter zu kümmern. Offenbar haben die Frösche auch die entsprechende Lobby dafür – selber quaken im Parlament können sie ja nicht. Ich freue mich echt, dass diese ulkigen Wesen nicht zerquetscht auf dem Pflaster kleben bleiben, sondern am Ziel ihrer Triebe ankommen und sich da fruchtbar machen.

Szenenwechsel. Ich bin auf einer Feier, zu der leitende Persönlichkeiten aus dem evangelikal-gemeindlich-theologischen Umfeld eingeladen sind. Ich blicke in den Raum mit dunkel gekleideten Männern und komme mir vor wie im falschen Film. Wie anachronistisch ist denn das? Abgesehen davon, dass ich mich notgedrungen wie ein Fremdkörper fühle, bin ich dankbar, ein paar Kollegen aus Arbeitszusammenhängen zu kennen und so interessante Gespräche führen zu können. Frauen sind nur in einer verschwindenden Unterzahl anwesend. Ich gebe da und dort meiner Irritation über die Zusammenstellung der Gästeliste Ausdruck. Und fühle mich dabei schlecht – so was macht frau doch nicht. Aber ich bin geschockt wie schon lange nicht mehr und das muss raus. Ich frage den einen oder andern, ob er sich in seinem Umfeld dafür stark machen kann, dass sich dieses Bild ändert. Und höre unter anderem die bekannte Antwort: “Mach ich ja, aber die Frauen wollen nicht.”

Auf dem Heimweg hänge ich meinen Gedanken nach. Wie lange sollen wir Frauen uns noch abspeisen lassen mit diesem “Ihr seid selber Schuld, die Voraussetzungen wären ja alle gegeben, ihr wollt bloß nicht”? Ich denke an die Frösche und ihre Lobby, die Straßen sperrt.

Sich als Frau in von Männern geprägten Umfeldern zu bewegen, ist nicht nur lustig. Du musst dich zeitweise unglaublich anstrengen, sogar die männliche Fremdsprache erlernen, um überhaupt ernst genommen zu werden. Nach diesem Abend bin ich geneigt, für eine Frauenquote zu plädieren – das würde eventuell ein paar Dinge in Bewegung setzen. Wenn die Dringlichkeit steigt, würden sich die zuständigen Personen vielleicht endlich mal fragen, was Frauen hindert, Ämter anzunehmen oder in leitenden Gremien mitzuarbeiten. Die Quote würde den Eindruck, dass es ja auch ohne Frauen geht (und den habe ich an diesem Abend wieder einmal gewonnen), faktisch widerlegen, weil es da eine Vorschrift gibt. So wie bei den Fröschen, die zumindest ein paar Wochen im Jahr den Vortritt genießen.
Sabine Fürbringer