Kennst du diese Gartenlabyrinthe, in denen man auf Wegen schreiten kann, die durch kleine Büsche oder andere Pflanzen markiert werden? Ganz bewusst habe ich sie zum ersten Mal in einem Klostergarten wahrgenommen. Da gab es diesen grossen Kreis, in dem kleine Kräuterpflanzen einen schmalen Trampelpfad umrankten und natürlich hat mich das angezogen und ich bin den Weg abgeschritten. Ganz selbstverständlich hatte ich erwartet, dass mich der Weg spiralförmig immer näher ans Zentrum führen würde, wo eindeutig das Ziel zu verorten war. Umso irritierter war ich, als ich mich schon fast am Ziel wähnte und die Wegführung mich dann wieder an die Peripherie hinaus geleitete. Von dort ging es auf verschlungenen Wegen wieder Richtung Zentrum, mal näher mal weiter entfernt davon. Schlussendlich bin ich in der Mitte angekommen.

Diese Erfahrung hat sich nachhaltig in meinem Geist eingenistet. Sie ist mir zum Sinnbild dafür geworden, wie unser Weg mit Gott aussieht. Da gibt es die Momente und Wegstrecken, in denen ich das Gefühl habe, ich bin voll auf Kurs, ich sehe diesen Christus und sein Reich immer deutlicher, fühle mich ihm immer näher. Und mit einem Mal nimmt der Weg eine Wende und die so wohlige Nähe weicht einem Befremden, einem Nicht-Verstehen, einem erneuten Fragen und Suchen. Der Blick aufs Zentrum geht dabei nicht verloren, aber ich nähere mich ihm von einer bis dahin noch unbekannten Seite. Und das kann verunsichern oder sogar verärgern. Jetzt hatte ich die Wahrheit doch so klar erkannt, jetzt hatte ich  meinen Zugangsweg zu Gott doch so etabliert und mit Leichtigkeit gefunden.  All das ist hinfällig geworden, funktioniert nicht mehr.

So muss es beispielsweise den Jüngern und Jüngerinnen in der Osterzeit gegangen sein. Und es ist gut, wenn es auch uns immer wieder so geht, denn unsere Erkenntnis ist nur Stückwerk. Wir haben noch längst nicht erfasst , wie Gott wirklich ist. 

Erschütterungen bergen die Chance, diesen Christus von Neuem zu sehen – zuerst vielleicht nur als Umriss, dem wir uns aber erneut nähern und dabei eine andere Facette seines wunderbaren Wesens entdecken. Die Auseinandersetzung mit Frauenthemen hat mich dazu gebracht, die Bibel nochmals mit neuen Augen zu lesen, zu forschen, mich nicht mit den ausgetretenen Interpretationen zufrieden zu geben. Ich bin dabei auf erstaunliche Freiheiten und radikal andere Sichtweisen gestossen. Das war zuweilen auch befremdend – kann es sein, dass Christus die Welt tatsächlich so umfassend erneuert, bis hinein in den Geschlechterkampf? Je länger ich um diese Frage kreisen, umso deutlich erkenne ich Christus wieder, werde sicherer, dass er es ist, auch wenn ich ihn von dieser Seite bisher noch nicht so gut gekannt habe. Und diese erneute Begegnung mit ihm löst Freude, Hoffnung, Dankbarkeit und Liebe zu ihm aus. 

Sabine Fürbringer