Brigitte, Annabelle, Freundin und wie sie alle heissen – ab und zu werfe ich einen Blick in solche Zeitschriften, wenn sie beim Frisör oder in der Zahnarztpraxis aufliegen. Doch allzu lange vermögen sie mein Interesse nicht zu fesseln. Ganz anders, wenn da ein Geo Wissen liegt – da kann ich die bevorstehende Zahnuntersuchung glatt vergessen. Forschungsergebnisse, neue Erkenntnisse insbesondere zu psychologischen oder soziologischen Themen, Studien zu irgendeinem Teilaspekt des Zusammenlebens, das fesselt mich im Nu. Da werde ich wach und lebendig.

Seit ich mich intensiver mit Frauenfragen beschäftige, hat sich ein weites Feld an Forschungsergebnissen, Diskussionen, Meinungen, Fakten und Hypothesen eröffnet. Nur schon was als “weiblich” gilt, ist nicht mehr so klar. Vieles von dem, was wir als solches bezeichnen, ist anerzogen und kulturell überformt. Teilweise herrschen richtige “Glaubenskriege” zwischen den Anhängern einzelner Positionen – und natürlich den Anhängerinnen, denn auch punkto gendergerechter Sprache tobt so mancher Kampf. So sehr mich die Inhalte interessieren und auch zu fesseln vermögen, stellt sich dann und wann ein Überdruss ein. Können wir nicht einfach leben, muss es so anstrengend, kompliziert und verwirrend sein?

Das sind die Momente, in denen sich bewahrheitet, was Paulus den Korinthern schrieb. Sie waren in vielen Lebensfragen mit kontroversen Meinungen konfrontiert. Die gesellschaftlichen Gepflogenheiten punkto Ehe, Familienleben oder der Umgang mit Götzenopferfleisch forderten sie heraus, einen evangeliumsgemäßen Weg zu beschreiten. Es war nicht eindeutig, wie der aussieht. Paulus gab ihnen einen Rat, der mich neulich getroffen, aber auch richtungsweisend erleichtert hat:

 »Wir alle wissen doch in dieser Sache Bescheid«, sagt ihr, und damit habt ihr sicher Recht. Aber bloßes Wissen macht überheblich. Was uns wirklich voranbringt, ist die Liebe. Wenn sich jemand etwas auf sein Wissen einbildet, weiß er noch gar nicht, was es bedeutet, echtes Wissen zu haben. Echtes Wissen ist nur bei dem zu finden, der Gott liebt; denn wer Gott liebt, weiß, dass Gott ihn kennt und liebt. 1. Kor. 8, 1-3 (NGÜ)

Ich höre deswegen nicht auf, Studien zu lesen. Denken und Glauben schließen einander nicht aus, sondern befruchten sich gegenseitig. Aber wenn die Sache in Richtung Erkenntnis kippt und die simple, kindlich-vertrauensvolle Beziehung zu Gott abhanden kommt, stehen Arroganz und Überheblichkeit vor der Tür. Mit Leichtigkeit treten sie in unser Lebenshaus ein und verhärten unser Herz. Mit dieser Hartherzigkeit begegnen wir dann anderen Menschen, Gott und auch uns selbst. So kann es passieren, dass ich vielleicht in der Sache Recht habe, aber weil die Liebe fehlt, liege ich gleichwohl völlig daneben. Da will ich Gegensteuer geben.

Wie soll das gehen? Ich versuche, mich an Paulus zu halten, der Wissen mit Liebe ersetzt. Weil die Liebe zusammen mit dem Heiligen Geist in unser Herz gegossen wird, ist es ein simples Gebet, das die Richtung weist. “Heiliger Geist, komm und erfülle mich!” Was dann geschieht entzieht sich menschlichen Vernünfteleien. Und doch ist es das Tor, durch das innere Klarheit, Hoffnung, Freude und Liebe einzieht. Das wäre doch ein ideales Gebet für die Adventszeit.

Sabine Fürbringer