Der Newsletter eines exklusiven Geschäftes in unserer Stadt bescherte mir bereits in der zweiten Dezemberwoche einen Gutschein für ihr Kleidersortiment – ganze dreissig Prozent Rabatt gewähren sie. Ich war erstaunt, da der Sonderverkauf sonst doch erst nach Weihnachten stattfindet. Im Moment ist mir aber nicht nach Kleider kaufen zumute – einzig zwei flauschig-warme Kuschelpullover habe ich mir diese Saison zugelegt. Zufällig treffe ich kurz darauf eine junge Frau, die in eben diesem Geschäft arbeitet. Ich erwähne ihr gegenüber den Gutschein und sie meint: “Niemand braucht neue Kleider, darum starten wir diese Aktion. Einzig flauschige Pullover verkaufen sich gut.” Ich muss schmunzeln – da entspreche ich ja voll der Norm!

Dieser Trend hat mich zum Nachdenken gebracht, vielleicht, weil ich mich ertappt fühlte. Wofür stehen sie denn, diese hochgeschlossenen, weichen Wohlfühlschläuche? Gemütlichkeit, Geborgenheit, bei-sich-sein, Rückzug, sich in seiner Haut gut fühlen, sich abschotten, familiäre Entspanntheit – das geht mir durch den Kopf. Wunderbar, wenn wir das ein wenig ausleben können. Aber sieht so das echte Leben aus?

Anlässlich unserer letzten Teamsitzung liessen wir das vergangene Jahr Revue passieren – wir sind sechs Frauen aus vier Jahrzehnten. Bei allen haben die Einschränkungen durch die Pandemie Prozesse akzentuiert oder in Gang gesetzt, bei denen es um Beziehungen geht. Die Jüngeren unter uns mussten sich von der Tendenz her eher mit dem Alleinsein und dem Rückzug aufs Daheim anfreunden. Dabei haben sie entdeckt, wie wertvoll und wichtig das für sie ist. Wir eher älteren Semester können das schon viel besser und mussten uns ungekehrt darum bemühen, in Beziehungen aktiv zu bleiben und die Bequemlichkeit zu überwinden. Für alle ist klar geworden, dass echtes Leben in einem Wechsel in diesen Dimensionen stattfindet.

Die Themen, bei denen wir dranbleiben wollen, klingen darum auch unterschiedlich: “Triff Menschen!”, “Mein Fokus wird das Gebet”, “Ich will kongruenter aus meinem Innern und weniger von Aussen gesteuert leben”, “Ich will vertrauen, dass Gott mir Ruhepausen und Beziehungen ermöglicht”, “Die Welt ist grösser als mein Horizont – ich will dem Leben nachspüren”.

Und ich, was mache ich jetzt mit meinem Pullover? Ich habe ihn zum Kraftort in diesen Wintertagen erkoren. Wann immer ich geniesse, was er mir ermöglicht – Kaffee trinken, Bibel lesen, Musik hören, die warme Stube hüten, vertraute Gespräche mit Gott und engen Bezugspersonen führen – will ich daran denken, dass ich Anlauf hole, um meine Bestimmung zu erfüllen. Der Rückzug ist auch Teil davon, klar. Aber genauso gehören die Aufträge, Beziehungen, Projekte und manchmal auch “Schlachten” draussen im Wind dazu. 

In diesem Sinn wünsche ich dir im Namen unseres ganzen Teams eine erfüllte, in Wolle gepackte Weihnachtszeit. Gott möge dich umgeben und dein Herz erwärmen, damit du mit Mut und Kraft die Dinge, die er dir zu tun anvertraut, anpackst. 

Sabine Fürbringer