Kürzlich bin ich in einem Gespräch mit einer Gemeindeleiterin gewesen, die selbst Veranstaltungen für Frauen organisiert und sie als Leiterinnen bestärkt. Mit Begeisterung habe ich ihr von der Vision von Campus WE erzählt, Frauen zu ermutigen und für Leitung zu fördern. Ein Anliegen, das wir beide teilen. Gerade deswegen schätze ich, wie sie mich mit folgender Rückfrage herausgefordert und zum Weiterdenken angeregt hat:
„Was bedeutet für dich Empowerment?“
Bereits in meiner früheren Tätigkeit als Sozialarbeiterin stellte “Empowerment” für mich ein wichtiges Leitprinzip dar. Mit meiner Arbeit wollte ich Menschen unterstützen, ihre eigenen Ressourcen und Möglichkeiten zu entdecken und zu nutzen. Ich verstand mich als Mutmacherin von Menschen.
Wie Jesus Menschen empowered
Wenn ich mich als Theologin frage, wie Empowerment aussehen kann, dann ist Jesus hier für mich ein Vorbild. Die Evangelien zeichnen ein inspirierendes Bild davon, wie Jesus Menschen bemächtigt hat, die in der damaligen Gesellschaft ausgegrenzt worden sind. Neben Menschen mit chronischen Krankheiten, Beeinträchtigungen und Migrationshintergrund sind darunter auch Frauen gewesen. Jesus hat sich nicht von Äußerlichkeiten, Stereotypen und Vorurteilen bestimmen lassen. Er ist ihnen auf Augenhöhe begegnet – als von Gott geliebte, befähigte und berufene Wesen. Als Projektleitung von Campus WE bewegt mich besonders, wie anders Jesus die Rolle von Frauen definiert hat. Er hat sie als Nachfolgerinnen aufgenommen (Lukas 8), als seine Schülerinnen gelehrt (Lukas 10). Er handelte revolutionär, wenn er frauenfeindliche Konventionen in Frage stellte (Johannes 8) und Frauen zur Verkündigung berief, obwohl das Wort einer Frau in der damaligen Zeit wenig zählte (Lukas 24). Der Umgang von Jesus mit Frauen verkörpert, wie Women Empowerment aussehen kann. Kein Wunder, dass Frauen in der frühen Kirche eine essentielle Rolle gespielt haben (Römer 15) und leitende Funktionen innehatten (wie Priscilla, die mit ihrem Mann eine Gemeindegruppe leitete, oder Junia, die als Apostelin wirkte).
„Der Umgang von Jesus mit Frauen verkörpert, wie Women Empowerment aussehen kann.“
Empowerment bei Campus WE
Diese Überzeugungen prägen die Arbeit von Campus WE. Jede von uns ist im Ebenbild Gottes geschaffen – begabt und berufen. Women Empowerment ist ein Prozess, in dem Frauen ihre von Gott gegebene Kraft und Kompetenz entdecken und entfalten. Dafür stärken wir Frauen in ihren Berufungen, ermutigen sie, ihre Begabungen einzubringen, und fördern sie in ihrer Sprachfähigkeit. Unser Ziel ist, dass mehr Frauen selbstbewusst Verantwortungspositionen übernehmen und sich für Leitungsaufgaben entscheiden. Ein besonderes Anliegen ist uns, Solidarität untereinander zu fördern. Wir verstehen Empowerment als einen gemeinschaftlichen Prozess von Frauen, die einander mit Wohlwollen begegnen. Wir feiern Erfolge voneinander und machen einander Mut, neue Schritt im Vertrauen in die eigenen Kompetenzen zu wagen. Deswegen versteht sich Campus WE als Netzwerk, weil Empowerment im Miteinander geschieht.
„Women Empowerment ist ein Prozess, in dem Frauen ihre von Gott gegebene Kraft und Kompetenz entdecken und entfalten.“
Auch wenn unsere Formate sich zur Zeit auf Frauen fokussieren, ist unser drittes Leitprinzip breiter: Wir sind für Leitungen, in denen Frauen und Männer entsprechend ihrer Gaben und Stärken gemeinsam leiten und einander dafür ermutigen. Wir wirken mit, Hürden auf dem Weg zu diesem Ziel wegzuräumen. Wir träumen von einem geheilten Miteinander von Männern und Frauen in Leitungsbereichen. Als Projektleitung wünsche ich mir, dass unsere Vision sowohl Kirche als auch Gesellschaft prägt und Menschen neu erkennen, wie revolutionär Jesu Umgang mit Frauen war. Mein Traum ist, dass Christen ein Vorbild für ein Miteinander sind, in dem Frauen und Männer gleichermaßen befähigt werden, ihre Gaben und Kompetenzen einzubringen. So sieht für mich Empowerment aus!
Maria Wiedemann

