Erst wenn «Klar Schiff!» gemacht ist, kann man wieder aufgeräumt in die Zukunft schauen und neue Ziele ansteuern
Letztens in einem Gespräch benutzte jemand die Redewendung «Klar Schiff!». An den genauen Zusammenhang kann ich mich nicht mehr erinnern, doch das «Klar Schiff!» ist mir geblieben – so stark, dass ich in den letzten Tagen immer wieder darüber nachdenken musste.
Auf der Suche nach dem Ursprung dieser Redewendung bin ich auf Folgendes gestossen: «Klar Schiff!» ist ein Kommando aus der Seefahrt. Wenn in früheren Zeiten ein Schiff im Begriff war, in See zu stechen oder bereit für ein Gefecht, dann wurde «Klar Schiff!» gerufen. Dazu mussten die Seefahrer aber erst einmal alles vorbereiten, überflüssige Sachen von Deck räumen und alles sicher verstauen. Die Redewendung wird auch im übertragenen Sinne genutzt. Die Aufforderung «Mach lieber ein für allemal klar Schiff» drückt aus, dass der/die Betreffende endlich einen unklaren Zustand bereinigen soll. Erst wenn «Klar Schiff!» gemacht worden ist, kann er oder sie wieder aufgeräumt in die Zukunft schauen und neue Ziele ansteuern.
Mir ist die Bedeutung zwar geläufig und doch ist es kein Zufall, dass genau in dieser Zeit diese zwei Worte bei mir auf fruchtbaren Boden fallen. Ich spüre, dass ich im Moment nicht «Klar Schiff!» bin. In den anhaltenden, herausfordernden Umständen, die Covid-19 mit sich bringt, ist es schwierig, den Durchblick zu behalten oder vorwärts zu kommen. Nicht nur die Zukunft allgemein, sondern auch einfache Dinge wie die Gestaltung des Arbeitsalltags oder die Art und Weise, wie man sich erholt oder neue Energie tanken kann, sind nicht mehr so klar eingespielt. Das Umplanen und Leben mit diesen Unsicherheiten kostet mich oft so viel Energie, dass ich für eine mögliche «grössere Schlacht», die über meinen Alltag hinaus geht, vielleicht gar nicht gerüstet bin. Das gibt mir zu denken, denn eigentlich möchte ich mich nicht in diesen «kleinen» Dingen verlieren, sondern mit Weitsicht und viel Vorwärts-Energie durchs Leben navigieren.
Letzthin sass ich im Zug und dachte einmal mehr über die Worte «Klar Schiff!» nach. Ich fragte mich, wie es denn unserem Familienschiff geht. Für mich fühlte sich das Schiff nicht aufgeräumt an und das Meer rundherum eher stürmisch. Dabei blieben meine Gedanken bei unserem älteren Kind hängen: «Wie präge ich eigentlich das Leben und den Glauben unserer Kinder aktiv?». Die Momente, in denen ich mit ihnen darüber spreche, wie ich Gott erlebe, sind selten. Der Mittagstisch reicht dafür einfach nicht aus und wir haben keine klar definierte Exklusiv-Zeit. Es wäre gut, ich könnte die Zeit vor dem ins-Bett-gehen nutzen, doch seit mehr als einem Jahr macht das stillschweigend vor allem mein Mann. Das ist an sich super, denn so schaufelt er mir Zeit frei, damit ich für die Schule lernen oder Aufträge erledigen kann. Trotzdem fühlt sich dieser Zustand ungut an.
Vertieft in diese Überlegungen erhielt ich unerwartet von einem Klassenkameraden eine Sprachnachricht: «Als ich dich heute in der Schule gesehen habe, hatte ich das Gefühl, dass ich für euch beten soll und Jesus euch sagen möchte: ‘Damit du es noch von aussen hörst und weisst: Du, Aysel, bist ein Segen für unsere Klasse und dein Mann, du und eure Kinder werden mit Jesus Grosses erleben. Auch bete ich besonders für euer älteres Kind.’» Diese Sprachnachricht hat mich sehr berührt. Genau das wünsche ich mir für unsere Kinder, dass sie Gott erleben. Zuhause habe ich meiner Familie von diesem Erlebnis erzählt und wir haben uns die Sprachnachricht gemeinsam angehört. Ich äusserte den Wunsch, dass ich, wenn es um die zu-Bett-geh-Zeit geht, wieder mehr Verantwortung übernehmen möchte. Unser ältestes Kind hatte zuvor schon mehrfach den Wunsch geäussert, wieder öfters auch von mir ins Bett gebracht zu werden und so stiess mein Wunsch auf sehr viel Begeisterung. Durch dieses Gespräch konnten wir als Familie an diesem Punkt «Klar Schiff!’» machen.
Zurück zum Bild vom Schiff: Die Schiffsbesatzung kann sich nur um die Belange ihres Schiffes kümmern. Wie das Wetter sein wird, die See, was sie auf der Reise erleben und welchen Herausforderungen sie begegnen werden, das können sie minimal durch ihre Reiseroute erahnen, aber kaum selbst beeinflussen. Die Schiffsbesatzung kann ihr Schiff so weit in Ordnung halten, dass sie den Herausforderungen auf ihrer Reise bestmöglich begegnen kann. Dieses in-die-Zukunft-Schauen fällt dann vielleicht schon viel leichter.
Das möchte ich auch tun. «Klar Schiff!» also!
Aysel Wäspi
Fragen zum Weiterdenken
- Herrscht bei dir «Klar Schiff!»?
- Oder geht es dir auch so, dass du merkst, dass da etwas nicht aufgeräumt ist? Welchen Ballast trägst du mit dir rum?
- Wo wünschst du dir, dass du aufräumen und Dinge mit Gott klären kannst, damit du für kommende Herausforderungen gerüstet bist?
Learning Community zum Blog “Klar Schiff!”
Bei WE WORK unterstützen wir uns als berufstätige Mütter gegenseitig, um fokussiert durch diese anspruchsvolle Lebensphase gehen zu können. Wir verstehen unsere Berufung und das Wachsen da hinein als einen ganzheitlichen Prozess, der alle unsere Lebensbereiche umfasst. Gewisse Learnings machen wir bei einer beruflichen Weiterbildung, andere mitten in der Nacht am Kinderbett. Dafür braucht es Gleichgesinnte, die mit einem diesen Weg gehen und Vorgängerinnen, von denen man lernen kann. Deshalb treffen wir uns online um als Gleichgesinnte voneinander zu lernen, und uns zu ermutigen, an den Themen oder Menschen, die Gott uns neben unserer Familie anvertraut hat, dran zu bleiben.
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Dienstag, 27. April von 20:15 – 21:45 Uhr (online)
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Aysel, Debi und Michèle